Die Entwicklung der Kampfkünste
Selbstverteidigungs- und Kampfsysteme gibt es, seit Menschen auf der Erde leben, die ihre Probleme durch die Anwendung von Gewalt zu lösen versuchen.Der Selbsterhaltungstrieb des Menschen und der Wille, kriegerische Auseinandersetzungen zu überstehen, führte bei vielen Völkern der Erde zur Entwicklung eigener Kampfkünste, die unter Benutzung von Waffen oder waffenlos betrieben wurden.
Durch Zufall, Nachdenken oder Tierbeobachtung wurden wirksame Techniken entdeckt, die im Lernprozess immer wieder verbessert und oft zu Kampf-Systemen weiterentwickelt wurden.
Während die Kampkünste im Altertum und im Mittelalter vor allem zu Angriff und Verteidigung bei kriegerischen Auseinandersetzungen dienten, wandelten sich später manche Kampfkünste zu Körperertüchtigungssystemen oder Bewegungskulturen. Erzieherische Aspekte, die Traditionspflege oder der Wettkampfgedanke standen nun im Vordergrund.
Im Ägypten pflegte man schon vor über 4000 Jahren eine ganze Reihe von Kampkünsten. Ein Relief aus der Grabanlage des Ptahhotep in Sakkara zeigt bereits im alten Reich (um 2300 v. Chr.) ringende Jünglinge, Faustkämpfer und Fechter.
In West- und Südafrika wurden prähistorische Höhlenzeichnungen gefunden, auf denen Ringer und Boxer dargestellt sind.
Auf den Kanarischen Inseln wird noch heute eine alte Form des Ringkampfes, das "Kanarische Ringen" betrieben. Die Kämpfer bandagieren sich die Handgelenke und kämpfen unter freiem Himmel im schwarzen Sand der Vulkaninseln.
Bei vielen Indianerstämmen wurden Ringkämpfe ausgetragen. Eine Form des indianischen Ringkampfes bestand darin, den Gegner um die Hüfte zu packen und zu Boden zu bringen. Dabei waren auch Fußtritte und Armhebel erlaubt. Anfang der siebziger Jahre wurde in die USA das Kick-Boxen populär.
Im Brasilien entwickelte sich vor Jahrhunderten die heutige Kampfkunst "Capoeira". Die Wurzel dieser Kampfkunst liegt vermutlich in traditionellen afrikanischen Kriegstänzen und Ritualen.
China
Die chinesischen Kampfkünste haben eine mehrere tausend Jahre alte Geschichte.
Der indische Mönch Bodhidharma schuf der Legende nach um 520 v. Chr. Im chinesischen Kloster Shaolin (Provinz Honan) die Urform verschiedener Kampfkünste.
Bodhidharma lehrte die Mönche körperliche Übungen zur physischen und psychischen Kräftigung und begründete das "Shaolin-Boxen".
Aus den Urformen des Shaolin-Boxen entstanden im Laufe der Zeit hunderte unterschiedlicher Kampfsysteme und Kung Fu-Stille.
Japan besitzt eine besonders kriegerische Vergangenheit. Im Mittelalter spielte in Japan die Kriegerkaste der "Samurai" eine besondere Rolle. Die Samurai wurden im Waffentechnik und Kampfkünsten ausgebildet. Sie hatten einen strengen Ehrenkodex (Bushido) zu beachten und trugen eine Rüstung, die aus einem Harnisch (Uchi dachi), Helm mit Maske (Kabuto) bestand. Einer der berühmtesten Krieger war der Samurai Musashi (1584 - 1643).
Die Samurai beherrschten meisterlich die Kunst des Schwertfechtens. Aus verschiedenen Schulen dieser alten Kriegskunst entwickelte sich "Kendo, der Weg des Schwertes" und als Sonderform des japanischen Fechtens entstand "laido", die Kunst des blitzschnellen Schwertziehens.
Auch bei den waffenlosen Kampfkünsten gab es viele unterschiedliche Stillrichtungen ("Ryu"). Diese Schulen hatten unterschiedliche Namen, wie Shinto-ryu, Yawara oder Jiu-Jitsu.
Mönchen und Priester verwendete auf Reisen ihre mitgeführten Stock (Bo) als Waffen und perfektionierten den Umgang damit zum "Bojitsu".
In Japan entstanden auch andere Budoarten, wie Karate, Judo und Aikido.
Der buddhistische Mönch Won Kwang Bop Sa entwickelte die Selbstverteidigungskunst "Hwarang-Do". Beim Hwarang-Do wird (ebenso wie beim Taekwondo und Hapkido) das Prinzip der Atemkontrolle (Kiapsul) und die Beherrschung der inneren Kraft (Ki) gelehrt.
Taekwondo ist ein koreanischer Kampfsport und steht für Fuß (Tae), Faust (Kwon) und Weg (Do, hier ist der Weg des Geistes gemeint).
Hapkido ist ein koreanischer Selbstverteidigungssport und bedeutet "Die Lehrmethode oder der Lebensweg (Do) durch die geistige Kraft (Ki), Körper und Geist in harmonischen Einklang (Hap) zu bringen". Hap-Ki-Do zeichnet sich durch wirksame Fuß- und Handtechniken in Verbindung mit Kreis- und Drehbewegungen aus.
Das Boxen (Muai-Thai) ist eine über 1000 Jahre alte Kampfkunst, bei der Fuß-, Hand- und Armtechniken angewendet werden.
Neben Fausttechniken sind Ellenbogen- und Kniestöße sowie alle Fußtritte erlaubt. Der Gegner darf auch zu Boden geworfen werden.
Zum Training gehörte das Schlagen und Boxen gegen Palmenstämme, Langstreckenlaufen, Übungen im Wasser usw.
In der Antike und im Mittelalter wurden auch in Europa diverse Kampfkünste praktiziert.
Die antiken Kampfkünste kamen von Ägypten über Griechenland nach Rom und verbreiteten sich in weiten Teilen der alten Welt. Ringen, Boxen, Fechten und einige regionale Kampfkünste haben in Europa eine Jahrhundertalte Tradition.
Quelle: W. Weinmann - Das Kampfsport Lexikon von Aikido bis Zen